Waffenformen
Der Ursprung der Langstocktechniken im Wing Tsun Kung Fu ist wohl in den uralten Stockformen der Shaolin-Mönche zu suchen. So werden anders als im rein waffenlosen Wing Tsun Kung Fu beim
Langstock-Training auch die klassischen und besonders tiefen Beinstände (Sei Ping Ma) trainiert.
Bedingt durch die Länge des Stocks (2,85 m) wird im Gegensatz zu vielen anderen Kampfstilen der Langstock nicht mit beiden Händen in der Stockmitte, sondern am Ende des Stocks gehalten. Identisch
wie bei der Ausführung der waffenlosen Techniken, wird die Kraft vom hinteren Ende des Stocks (Ellenbogen) zur Stockspitze (Hand) geleitet, wo sie sich sehr präzise und kraftvoll entfalten kann.
Wie auch bei den waffenlosen Formen, konzentriert sich die Wing Tsun-Langstockform auf wesentliche technische Zusammenhänge, die einer späteren sinnvollen und praktischen Anwendbarkeit dienen.
Hierbei wird auch wieder die entsprechende Methode, die sich wie ein roter Faden durch das gesamte System zieht, vor Augen geführt. Nämlich das Konzept des bestmöglichen Schutz des Körpers (bei
Angriff und Abwehr, mit oder ohne Waffen) durch Anwendung geometrischer Verhältnisse und unter Berücksichtigung des zur Verfügung stehenden Raums.
In der AIWTKF besteht die Möglichkeit die Vorübungen für die 6 ½ Punkt-Langstockform bereits ab dem 9. Schülergrad zu erlernen. Hierzu finden mehrmals im Jahr spezielle Seminare unter der
persönlichen Leitung von Sifu Klaus Flickinger statt.
Die letzte und höchste Form im Wing Tsun Kung Fu-System, ist die Technik der sogenannten „8 spaltenden Messer“ (Doppelmesser) oder Baat
Cham Dao.
Die Doppelmesser im Wing Tsun Kung Fu sind in ihrer Form am ehesten mit kurzen Breitschwertern zu vergleichen. Sie eignen sich sowohl zum Schneiden/Hacken (Spalten) als auch zum Stechen. Aufgrund
ihrer relativ kurzen Länge sind sie schnell und wirkungsvoll im Nahkampf gegen alle Arten von Hieb- und Stichwaffen einsetzbar. Die Baat Cham Dao-Form besteht, wie ihr Name schon andeutet, aus
acht verschiedenen Technikfolgen-Sätzen verschiedener Angriffs-Kombinationen.
Alle acht Technik-Sätze bestehen aus festgelegten Technik-Kombinationen, die für den Gebrauch in unterschiedliche Angriffs-Richtungen, -Winkel und -Distanzen trainiert werden.
Da bei Waffen mit scharfer Klinge der erste Treffer schon die Entscheidung bzw. die Kampfunfähigkeit oder den Tod des Gegners herbeiführen kann, ist klar, dass die Waffentechniken im Ernstfall
mit höchster Geschwindigkeit und Präzision ausgeführt werden müssen. Wie bereits erwähnt, ist es im Wing Tsun Kung Fu-System das Ziel, Angriffe (insbesondere mit Waffen) nicht abzuwehren, sondern
immer direkt mit einem Gegenangriff zu kontern. Dies geschieht selbstverständlich unter Zuhilfenahme einer dem Angriff angepassten Schutztechnik.
Es setzt voraus, dass der Anwender der Doppelmesser ein ausgeprägtes Distanzgefühl, eine besonders ausgeprägte optische Reaktionsfähigkeit und ein gutes Vermögen der Antizipation besitzt.
Da in einem reellen Kampf kein Angriff und keine Angriffskombination identisch bzw. vorherzusehen ist, muss der Anwender der Baat Cham Dao-Technik weiterhin dazu in der Lage sein, die
vorgegebenen und eintrainierten Techniken der einzelnen Sätze willkürlich miteinander zu „vermischen“. Nur so kann es ihm gelingen, blitzschnell alle Angriffe parieren zu können.
Auch die Techniken der Wing Tsun-spezifischen Doppelmesser werden innerhalb der AIWTKF in mehreren Schritten unterrichtet. Nach der Graduierung zum 1. Technikergrad besteht die Möglichkeit die
Doppelmesser-Grundtechniken zu trainieren. Ab dem 2. Technikergrad kann die komplette Form sowie die Anwendungen der Doppelmesser-Techniken erlernt werden.